Das Buch von der Frau Jesus
ein gewagtes Thema. Jesus hatte eine Frau? Ja, im Roman von Sue Monk Kidd hatte Jesus eine Frau. Ana ist ihr Name und dieses Buch ist ihre Geschichte. Eine Geschichte, die sehr feinfühlig, sehr zart und sehr einfühlsam geschrieben ist. Ein Buch, welches die Frauen stärkt, ihnen einen Namen gibt. Ein Buch, das nach Gleichberechtigung schreit und aufmerksam macht auf eine tausende Jahre gewachsene (Unrechts) Kultur auf diesem Planeten. Ana gibt den Frauen im 21. Jahrhundert eine Stimme, macht ihnen Mut und vermittelt unaufdringlich, aber in aller Bestimmtheit: bleib Dir treu, geh Deinen Weg. Auf Neudeutsch: mach Dein Ding.
Ana. Meine Name ist Ana und ich war die Frau von Jesus von Nazereth. Eine – ja, natürlich – fiktive Geschichte, aber eine sehr gefühlsam recherchierte, eine einprägsame Geschichte, die uns Sue Monk Kidd (Debüt Roman „Die Bienenhüterin“) da erzählt. Die Geschichte nimmt ihren Lauf, als Ana 14 ist, von ihren Eltern (völlig unvermittelt) verheiratet werden soll. Sie beschreibt die engen Gassen in Sepphoris ebenso eindrücklich, wie die Leidenschaft Lesen und Schreiben zu wollen. Ana hat einen festen Willen und die Geschehnisse in jener Zeit machen bisweilen, gelesen im Jahr 2021, sprach- und auch ein stück fassungslos.
Ana begegnet Jesus auf dem Marktplatz just in dem Moment als ihr künftiger Ehemann sich von „seinem Weibe“ ein Bild verschaffen will. Sie vermag jedoch den Mann mit den leuchtenden Augen und dunklen Locken nicht mehr zu vergessen, wird aber von Ihrem Vater diesem alten ungehobeltem Mann auf dem Markt versprochen. Die Freundin Tahibita, ihre Tante Yalta und der Weggefährte Lavi sind ebenso prägende Charaktere der Geschichte, wie auch der Herodes Antipach, dem Tetrach, der sich ein Bildnis von Ana in seinem Gemäuern setzen lassen will.
All dies mag Ana auf den seltenen Pergament niederschreiben, festhalten und eine späteren Welt überliefern, vergisst darüber hinaus aber niemals ihr Sehnsucht nach jenem jungen Mann auf dem Markt, dem sie wenig später in den Wäldern wieder begegnen wird.
Der Roman führt langsam durch die Zeit und schließlich auch, wie es dazu kam, dass Ana Jesus heiraten konnte und wie es ihr in seinem bescheidenen Heim inmitten seiner Familie mit Maria und sein Schwestern erging. Wir lernen Judas kennen und die Berufung, die Jesus verspürt und welche Wege beide, teils gemeinsam, teils jeder für sich allein gehen (müssen).
Das schön lesbare Buch und die Geschichte Ana endet schließlich mit dem Wege Jesus zu Kreuze und begleitet Ana noch über in die dunkle Zeit der Trauer hinaus.
Fazit: ein tolles – einmal ein ganz anderes, weil es die Geschichte „neu“ schreibt – Buch. Sehr gefühlvoll und akribisch recherchiert und mit Fiktion bereichert ist es nicht nur ein Buch für viele schöne Leseabende, es ist auch ein Mutmacher für alle jene, die sich bisher nicht ihre eigene Leidenschaft zugestanden, ein Aufruf an den eigenen Willen und dessen Kraft. ****