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Die Nachbarin

Die Nachbarin – Thriller von Carolin Corcoran

Ich will ehrlich zu Ihnen sein. Das Buch hat mir nicht gefallen – rein gar nicht. Es ist vielumworben und erhielt auch Lob. Mich hat es nicht erreicht.

Die Nachbarin

Der Klappentext ist noch spannend. Zwei Frauen, Wand an Wand in einem Wohnhaus. Die eine lebt ein scheinbar perfektes Leben mit ihrem Freund, die andere feiert ausgelassene Partys und ist einsam. Beide denken voneinander, dass die Welt der jeweils anderen so schillernd, so viel toller wie die eigene ist. Die dünnen Wände der Appartements erlauben eine sehr intime wenngleich anonyme Nähe. In der Innenseite dann noch der Hinweis von Harriet „sie weiß nicht, was ich getan habe, sie hatte keine Ahnung zu was ich fähig bin“. Das soll die Spannung erzeugen, die einen Thriller ausmacht.

Soweit das Versprechen. Der geneigte Leser startet in die Geschichte und stellt sehr schnell fest, dass es in den kommenden knapp 450 (!) Seiten immer nur zwei Perspektiven geben wird. Einmal Harriet, die Einsame, Party feiernde, neidvoll. Einmal Lexie, die mit Tom glücklich zusammen lebt und sich sehnlichst Kinder wünscht.

Von nun an schleppt sich Kapitel um Kapitel um den Neid der einen und den Kinderwunsch der anderen. Eines muss man der Autorin bescheinigen. Jedes Kapitel ist zwar inhaltlich nahezu gleich, Satzbau und Wortwahl aber nur selten Wiederholungen unterworfen. Man merkt also nicht sofort, dass es im Grunde nur um den Neid von Harriet und den Kinderwunsch von Lexie geht. Das dauert ein paar Seitenstränge ….. mit zunehmender Dauer – meine persönliche Schwelle ist immer so um die Seite 100, da muss es gefunkt haben – aber wird es zäh und mühsam. Harriet ist neidisch auf Lexie und Lexie will unbedingt schwanger werden, wird es aber nicht, was wiederum dazu führt, dass sie neidvoll an Harriets scheinbar glücklichem Leben Anteil nimmt und sich in Unglück suhlt, während Harriet zu ihrem Neid nun auch noch ein paar Gemeinheiten gesellt und sich an Lexies Briefkasten und später an ihrem Freund Tom zu schaffen macht. Ab diesem Moment wird dann zum mantra-artigen Kinderwunsch auf der einen (Lexie), der mantra-artige Wunsch Tom besitzen zu wollen auf der anderen Seite (Harriet) in die Geschichte eingeflochten – was freilich eine kleine neue Nuance, aber nicht wirklich eine thriller-artig aufbäumende Spannung darstellt.

Der Leser darf nun weiter Kapitel im Wechsel durchleben. Harriet will Tom. Lexie will ein Kind. Keiner ist glücklich und Harriet hat schon ganz schlimme Dinge getan, von denen niemand etwas ahnt.

Diese schlimmen Dinge schimmern gegen Ende des Buches etwas hervor und unternehmen den Versuch, die vorangegangene schleppende Handlung zu erklären, so rechte Spannung mag dennoch nicht aufkommen, erst im Finale der letzten vielleicht 60-70 Seiten wird vielleicht aus dem Lesefunken etwas Glut und man so will – ist man nun schon soweit fortgeschritten, dann doch wissen zu wollen, wie es ausgeht.

Fazit: alles in allem für mich kein Lesetipp. Kein Thriller, zu schal, viel zu viele Füllkapitel. Kinderlose Leser mit Kinderwunsch werden auf den ersten 250 Seiten entnervt die Segel streichen. Der Versuch eine Psychopathin zu skizzieren, mag für das reale Leben zutreffend sein, im Thriller Genre ist er meines Erachtens mißlungen.

*** (c) Udo Kewitsch, Sept20 ***

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